Deutschland braucht eine agilere Politik

Überall in der Bevölkerung wächst der Unmut gegen die behäbige, unfähige Politik unserer Regierung. Bis gestern hieß die Leitlinie für Lockerungen noch „stabil unter 35“; heute haben wir „eine Notbremse bei 100“. Der neue Stufenplan zu den Lockerungen wird im Netz schon als „Schaubild des politischen Versagens“ verspottet. Und womit? Mit Recht. Denn klar ist, dass es bei steigenden Infektionszahlen keine dauerhaften Lockerungen geben kann.

 Was dieses Land braucht, ist eine agilere Politik. Eine agilere Denkweise, um mit Herausforderungen umzugehen und schneller, VIEEEEEL schneller praktikable Lösungen zu erzielen. Die Corona-Krise zeigt die Schwächen unseres föderalen Systems gnadenlos auf. Darin besteht auch eine Chance: Wir können jetzt damit beginnen, es anders und besser zu machen. Darum werde ich in einigen Beiträge erörtern, wie agiles Denken dazu beitragen kann, Politik handlungsfähiger zu machen. Fangen wir mit den Schulen an.

Lüften allein ist keine Lösung

Spätestens seit August 2020 wissen wir in Deutschland (in anderen Ländern bereits deutlich länger), dass auch Schüler den Virus verbreiten. Was ist also geschehen, um Schulen Corona-sicher zu machen? Nichts. Die geniale Anweisung unserer Politik: Masken sollten getragen und ordentlich gelüftet werden. Als das nicht ausreichte, wurden die Schulen wieder dicht gemacht. Autsch. Warum wurden nicht in Pilotprojekten frühzeitig andere Konzepte getestet? Man hätte Schulen mit Luftreiniger und Plexiglasscheiben ausstatten können. Die Kosten dafür belaufen sich laut Hochrechnungen auf gerade mal 100 Euro pro Schüler. Aber der Schutz unserer Schüler war unseren Politiker einfach zu teuer. Warum wurden nicht  Modellversuche mit schichtweisem Klassenbetrieb getestet? Oder FFP3-Masken an alle Lehrer verteilt? Warum wurden Lehrer nicht in der Impfkampagne höher priorisiert? Selbst der Lehrerverband warnt jetzt ausdrücklich, dass die vollkommen chaotische, stufenweise Öffnung der Schulen nur noch mehr Schaden verursachen wird. Danke, Groko!

Es gibt nie einen Plan B

Die traurige Wahrheit ist: Bei der Fokussierung auf die Belegung der Intensivbetten sind unsere Kinder einfach durch das Raster der Politik gefallen. Es gab und gibt nie einen Plan B. Und dasselbe wird sich jetzt wiederholen, wenn Schulen irgendwann mit den noch zu kaufenden Schnelltests geöffnet werden sollen. Wie die Schnelltestung flächendeckend organisiert werden soll, weiß noch niemand – weil niemand das Testen getestet hat! Hier könnte eine agile Vorgehensweise absolut hilfreich sein. Man nehme einen Kreis mit ein paar Dutzend Schulen und einigen 100.000 Schnelltests und testet. Von den Ergebnisse könnten alle profitieren, selbst wenn der Modellversuch noch nicht ideal ist oder sogar verworfen werden muss.

Deutschland scheitert an der Agilität

Das verstehe ich unter einer agilen Denkweise. Aber bei uns in Deutschland scheitern wir daran regelmäßig. Manche schimpfen es Föderalismus. Andere „Wasserfall-Projektmanagement“. Ich nenne es Bedenkenträgertum. Immer wollen wir alles von Anfang an richtig machen – aber das kann in einer Pandemie mit exponentiellen Wachstum nicht funktionieren. So viel Zeit haben wir einfach nicht. Wir müssen viel schneller aus Fehlern und Fortschritten lernen können. Das ist eine zentrale Erkenntnis des agilen Projektmanagements.

Liebe Politiker, die Menschen verstehen, dass Fehler gemacht werden – aber sie verstehen nicht, dass gefühlt gar nichts gemacht wird. Und am dicken Ende müssen wir alle die Fehler der Politik teuer bezahlen – mit unserem Leben. Mit dem Leben, das wir nicht leben können und mit den unnötigen Toten durch die von euch verschleppten, verpennten und vermaselten Maßnahmen.

Politik des Aussitzens führt ins Verderben

Das jahrelang erfolgreich praktizierte „Aussitzen“ von Problemen wird in der Corona-Pandemie nicht funktionieren. Darum wendet sich jetzt das Blatt der öffentlichen Meinung. Nachdem die Bevölkerung lange Zeit die politischen Maßnahmen unterstützt hat, regt sich zunehmend Unmut. Sascha Lobo findet die hilflosen Aussagen unserer Politiker nur noch zum „Ausflippen“ und sieht durch das politische Versagen in Deutschland eine neue Generation von Grollbürgern heranwachsen. Grollbürger sind einfach nur noch zu müde, um wütend zu sein über das groteske Politikversagen.

Aber: Sind wir nicht alle ein klein bisschen mit dafür verantwortlich, welche Politik „da oben“ gemacht wird? Meiner Meinung nach schon. Denn als Wähler habe ich eine Wahl. Und eine Stimme. Darum müssen wir jetzt anfangen, eine agilere Politik einzufordern; eine Politik, die schnell, effektiv und evidenzbasiert agiert. Eben: agil.

4 Antworten

  1. Am besten wäre es erstmal einen Ausnahmezustand auszurufen. Dann gib es keine bürokratischen Barrieren. Alle Menschen in Arztpraxen oder geeigneten Räumlichkeiten durchimpfen und testen. Deutschland ist ein Entwicklungsland geworden durch eine unfähige Regierung. Die Hütte brennt und die überlegen noch welche Feuerwehr sie anrufen sollen.

  2. Hallo Ingo,
    es IST ja ein Ausnahmezustand, in dem wir uns befinden. Nur leider scheint das die Politik immer noch nicht vollständig wahrhaben zu wollen. Zum Katastrophe namens „Impfdesaster“ in Deutschland werde ich noch einen zusätzlichen Beitrag schreiben. Wie kann es sein, dass erst jetzt überlegt wird, Hausärzte und Arztpraxen in die Impfkampagne einzubinden?! Man fasst sich nur noch ungläubig an den Kopf… Auch hier gab es nur Plan A: Alle durch die Impfstraße schleußen und zwar schön nach der von allen Ethikräten authorisierten Impfreihenfolge, so dass es möglichst lange dauert und der Virus ausreichend Zeit hat, sich anzupassen. 🙁

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